Gibt es modische Frisuren auch für Senioren?

Die Redaktion wollte mal wissen, was eigentlich Seniorinnen und Senioren in Berns Westen an Frisuren tragen, ob es auch Trends für ältere Menschen gibt. Autor Thomas Bornhauser hat sich auf den Weg in den «Centosei»-Salon von Liliane Gentile an der Brünnenstrasse 106A in Bümpliz gemacht und berichtet.

Ich erinnere mich bestens: Weil in den 60er-Jahren der legendäre «Coupe Hardy» en vogue war, habe ich vor dem Zubettgehen meistens meine nassen Haare schon gestylt in ein Haarnetzli eingepackt, nur um dann am Morgen festzustellen, dass meine Mähne über Nacht zur einer Art «Coupe Schinkesandwich» verrutscht war. Dabei hätte ich doch so gerne wie James Dean oder Johnny Halliday ausgesehen… Aber äbe.

GALA statt BRAVO
Zur Mutter aller Fragen an Liliane Gentile, die sich im Moment meines Besuches eher als Malermeisterin betätigt, mit einem Farbpinsel inmitten von Alustreifen. Herauskommen werden später Mèches, wie sie sagt, Strähnen. Die Frau muss es ja wissen.

Was ist jetzt aber mit älteren Leuten, zu denen ich mich auch zähle? Gibt es für sie auch Trends, von denen ich keine Ahnung habe? Die gelernte Coiffeuse, die ihren Salon seit 1999 führt, lacht, wie ich es mir schon fast gedacht habe: «Nein, nicht wirklich, wenn wir von modischen Trends reden . Was hingegen regelmässig vorkommt: Ältere Leute lassen sich gerne von uns beraten, wenn es zur Abwechslung um einen anderen Haarschnitt gehen soll. Sie wollen wissen, ob er zu ihnen passt. Wenn sie sich dafür entscheiden, sind sie zum Schluss happy – und wir freuen uns mit ihnen.»

Ich beobachte Beatrix Spahr, wie sie einer Frau Bigoudis einlegt, eines nach den anderen. Wie man das schon früher gemacht hat, als Dauerwellen bei den jungen Frauen so richtig angesagt waren. Schmunzeln muss ich, als die Kundin später unter der sprichwörtlichen Haube sitzt. Sie blättert nämlich in der GALA und liest eine Geschichte über Prinz Philipp, der uns alle ein Leben lang begleitet hat.

Kultureller Austausch
Genug jetzt aber zu den Oldies. Was ist mit jungen Leuten, lassen sie sich auch bei den drei Coiffeusen frisieren? Liliane Gentile: «Ja, unsere Kundschaft ist so Multikulti wie ganz Bümpliz und Bethlehem, die ganze Bandbreite in Sachen Alter und sozialen Schichten. In Gesprächen erfahren wir viel über andere Länder, es ist ein richtiger kultureller Austausch, von dem alle profitieren, grossartig.» 

Was sie auch erwähnt: Einige Jugendliche kommen auffallend vor den Festtagen vorbei, wenn sorgfältige Feinarbeit angesagt ist, keine reinen Tondeusen-Frisuren. Womit wir mitten im Gespräch über die Billigsalons sind, die wie Pilze aus dem Boden – respektive aus den Kellern – schiessen. 

Wie geht sie damit um? Liliane Gentile  mag nicht klagen, obwohl sie weiss, dass sie mit ungleich langen Spiessen kämpft: «Die Salons sind eine Tatsache. Jeder Kunde muss selber wissen, was er macht.» Und spricht nicht davon, dass diese Billigcoiffeure, um nur ein Beispiel zu erwähnen, ihren meist sehr jungen Angestellten andere Löhne bezahlen, als Lilian Gentile ihren Mitarbeiterinnen.

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