Nach dreijähriger Pause heisst es wieder «weihnachten findet in bethlehem statt». Die reformierte Kirchgemeinde Bethlehem und die katholischen Pfarreien Bern West laden zum Openair-Krippenspiel im
Quartier ein.
Bereits zum siebten Mal wird die Weihnachtsgeschichte in den Strassen Bethlehems aufgeführt. Die Rollen der biblischen Figuren werden von Männern und Frauen aus Bern West verkörpert. In diesem Jahr werden die Schauspielenden zusätzlich von einem Sprechchor der Anthony-Singers unterstützt. Als «Stimme des Volkes» werden sie das Geschehen aus ihrer Sicht zur Sprache bringen.
Jesajas Vision
«Aus Prophet het mes schwär. Niemer wott uf mi lose. D’Mönsche u ihri Ungerächtigkeit ritte die Wäut i Ungergang.»
So drückt der Prophet Jesaja die schwierige Situation für das Volk Israel in seiner Zeit aus. Das kleine Volk der Israeliten droht von den umliegenden Grossmächten aufgerieben zu werden. Jesaja sieht der Gefahr offen ins Auge und hat eine Vision: Er verkündet die Geburt eines Kindes. Ein Sohn Gottes soll geboren werden, der das Unheil abwenden und sein Volk retten wird.
Der Chor der Anthony-Singers und die Schauspielenden setzen diese alttestamentarische Prophezeiung gekonnt in Szene. Seit Anfang November proben sie fleissig Text, Sprache und Mimik. Alles wird angeleitet von Regisseur Martin Gallati und Chorleiter Bruno Wyss. Je näher der 19. Dezember rückt, desto nervöser werden alle. Ob wohl alles klappen wird?
Die Geburt eines Kindes
«D’Herrscher befäle, si kenne ke Gnad, d’Devise heisst: schwyge u fouge! E truuregi Stimmig, im ganze Land, o z’Nazareth in Galiäa. Wenn äntlech wird üsi Hoffnig wahr, dr Troum vom Prophet Jesaja?»
Als der verheissene Retter endlich im Stall von Bethlehem geboren wird, herrschen auch dunkle Zeiten. Im Land herrscht das Gesetz der Stärkeren – der römischen Besatzer und des Königs Herodes. Vor diesem Hintergrund wirkt die Geburt des Jesuskindes wie ein Licht in dunkler Nacht. Kaum ist jedoch das Kind geboren, droht ihm ein brutaler Tod durch den befohlenen Kindermord. Die Eltern, Maria und Josef, müssen mit ihrem Säugling ausser Landes flüchten. Erst nach einigen Jahren hat sich die politische Lage so weit verbessert, dass sie wieder in die Heimat zurückkehren dürfen.
Auf einem Rundweg mit Startpunkt bei der katholischen Kirche St. Mauritius in Bethlehem wird diese Geschichte von Licht und Dunkel, von Hoffnung und Bedrohung, von Gott und Menschen erzählt. Der Weg führt über den Brünnenpark ins Tscharnergut, zum Schulhaus Bethlehemacker und schliesslich zur reformierten Kirche Bethlehem. Begegnen kann man dabei nicht nur dunklen Schergen und Herolden, sondern auch Hirten und Königen. Und Maria spricht nicht nur ihrem Mann, Josef, Mut zu, sondern auch uns, wenn sie sagt: «Josef, mir wei muetig voragah. Mir wei aus Familie zämeha. Dr Ängu het’s doch gseit: Gottes Säge isch mit üüs.»
Es geht um Vertrauen
Die Weihnachtsgeschichte erinnert unweigerlich an heutige Bedrohungen: Gewalt, Terror, Klimakrise – vielfältige Gefahren verdüstern unseren Horizont. Wie steht es da um unsere Hoffnung und unser Vertrauen?
«Vertroue – Chöi mir das?
Vertroue – o we’s schwär isch?
Vertroue – das macht üses Läbe läbenswärt.»
So singt der Chor und ermutigt auch uns heute, die Hoffnung und das Vertrauen nicht aufzugeben. Die biblische Weihnachtsgeschichte spricht davon, dass das Dunkel nicht das letzte Wort hat. Die Schauspielenden, die hier in Bern West leben, wollen mit dem Weihnachtsspiel diese Hoffnung ausdrücken und weitertragen.
Elisabeth Gerber/Joël Eschmann
Wann & Wo?
Sonntag, 19. Dezember 2021.
Start: 17.00 Uhr bei der katholischen Kirche St. Mauritius.
Ziel: ca. 18.30 Uhr bei der reformierten Kirche. Anschliessend weihnachtliches Apéro (mit Covid-Zertifikat). Warme, wetterfeste Kleidung wird empfohlen.