Lincoln Fernandes an der Migros-Kasse. Foto: Thomas Bornhauser

Was isch e Chroosle, es Heiti?

Sie wissen es vielleicht nicht mehr: Ein Beitrag in der BümplizWoche hat mitgeholfen, dass Lincoln Fernandes eine Lehrstelle gefunden hat. Seit einem Jahr lernt und arbeitet er im Migros-Markt Bethlehem. Auf seinem Weg begleiten wir ihn in unregelmässigen Abständen. Heute wollen wir wissen, wie es ihm schulisch geht.

Es isch geng wie geng: Ich erscheine immer zu früh zu abgemachten Terminen. Auch heute, als ich mich mit Lincoln Fernandes und Marktleiterin Susanne Lüthi treffen werde. Bis dann habe ich eine Viertelstunde Zeit. Heisst: Husch zuvor ein Brot kaufen. Und wen sehe ich da an der Kasse? Genau. Lincoln Fernandes, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht.

Bärndütsch isch nid Schriftdütsch
«Im Moment bin ich eine Art Springer im Bereich Dienstleistungen», sagt er, «wenn es viele Kundinnen und Kunden im Laden hat, komme ich an die Kasse.» Er lacht. Zwei volle Tage in der Woche besucht Lincoln Fernandes die BSD, die Berufsschule des Detailhandels an der Postgasse in Bern. Welches der Fächer gefällt ihm besonders? Mathematik, weil es da ja einen Zusammenhang mit der Kasse gibt? «Ja, es geit.», sagt schon alles. Besonders fordert ihn <Sprachen und Kommunikation>, weil Lincoln inzwischen zwar gut Schriftdeutsch spricht, das Bärndütsche läuft hingegen noch nicht so gut. Oftmals verstehe er Fragen der Kundschaft nicht, muss darum bitten, dass man das Anliegen auf Hochdeutsch formuliert. Sofern man das kann, denn: Wie heissen Chroosle, wie Heiti?

Es ist diese Kommunikation, die ihn fordert. Nicht bloss bei Kundinnen und Kunden, auch bei Aufgaben, die ihm übertragen werden. Susanne Lüthi: «Wenn man vergisst, nachzufragen, ob für Lincoln alles verständlich ist, kann es sein, dass er eine Arbeit nicht genau so wie gewünscht ausführt. Aber da müssen wir uns halt selber an der Nase nehmen. Auch wir lernen dazu.»

Im Übrigen ist die Marktleiterin mit ihrem Lernenden sehr zufrieden. Mehr noch: Das ganze Team der Migros Bethlehem habe Lincoln ins Herz geschlossen, weil er immer freundlich, ja geradezu zuvorkommend ist. Seine guten Leistungen führen dazu, dass er nach der jetzt absolvierten Vorlehre die zweijährige Ausbildung zum Detailhandelsassistenten beginnen kann. «Alles ist unter Dach und Fach», sagt Susanne Lüthi, «wir freuen uns für Lincoln».

Neuerungen im Lehrplan
Besonders gespannt sind die beiden Gesprächspartner auf die neue Bildungsinitiative 2022 für den Detailhandel, wo einige Fächer vertieft angegangen und die Kompetenz gesteigert werden soll. Ein Augenmerk: Wie setze ich die vermittelte Theorie in die Praxis um? Susanne Lüthi: «Beide Bereiche sind wichtig, müssen sich aber ergänzen. Schule und beruflicher Alltag, das eine geht nicht ohne das andere.»

Wie wir einen nächsten Gesprächstermin planen, strahlen Lincolns Augen: «Im Juli geht das nicht, da fliege ich für drei Wochen nach Indien, meine ursprüngliche Heimat.»

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