Die Brunnenskulptur auf dem Friedhof Bümpliz. Max Werren

Blumengiessen auf dem Friedhof

Die Wasserversorgung in Bümpliz machte in der trockenen Jahreszeit regelmässig Probleme. Findige Köpfe fanden derweil immer eine Lösung.

Der Bümplizer Friedhof bildete die erste öffentliche Anlage des ehemaligen Dorfes und stand unter Aufsicht des Gemeinderates. Verantwortlich für die Pflege war der nebenamtliche Sigrist, der gleichzeitig auch die Funktion des Totengräbers ausübte. Seine Arbeit wurde in der Bevölkerung geschätzt, wenn auch gelegentlich durch überspitzte Forderungen erschwert. So wies ihn der Gemeinderat 1897 zu folgenden Verhaltensregeln an:

«Er soll dafür sorgen, dass in Zukunft beim Gräberreinigen mehr Ordnung herrsche und Beschädigungen der Anlagen durch Kinder nicht mehr vorkommen. Er soll brieflich angewiesen werden, den Schlüssel zum Friedhof wenn möglich nur älteren Personen auszuhändigen!»

Die Vegetation im Sommer 1897 litt im Übrigen einmal mehr unter der Trockenheit. Auf dem Friedhof fehlte das Wasser für das Giessen der Blumen. An der Erstellung einer Wasserleitung war bei der gespannten Lage der Gemeindekasse nicht zu denken. Man behalf sich mit einem Provisorium, indem man unter die Dachtraufe der Friedhofshalle zwei Fässer für das Regenwasser aufstellte. Indes, es regnete praktisch nie!

Nun befand sich unweit des Friedhofs ein Sodbrunnen. Er gehörte Gottfried Gfeller, Zimmermeister und nebenamtlicher Totengräber, an der Bottigenstrasse. In Ermangelung anderer Gelegenheit, konnten die Friedhofsbesucherinnen und -besucher im Vorbeigehen ihre mitgebrachten Giesskannen füllen. Der Besitzer des Brunnens duldete diese Gewohnheit stillschweigend.

Nun aber benützten seine Ehefrau sowie ihre Nachbarin, Frau Begert, den Friedhofweg als Standort für ihre Wäschetröckne. Das wiederum gefiel dem Gemeinderat nicht. Er liess den Familien Gfeller und Begert eine Mahnung zukommen, worin sie ersucht wurden, den öffentlichen Weg freizugeben und ihre Wäsche woanders zu trocknen. Auf diesen behördlichen Rüffel reagierte Gfeller mit Empörung und dem Hinweis, dass ab sofort kein Wasser mehr aus seinem Sodbrunnen geschöpft werden dürfe!

Der Gemeinderat erkannte, dass ihm hier ein Problem entstanden war. Er erteilte dem Leitungsbauer Brunschwyler, der die erste Wasserversorgung von Bümpliz baute, den Auftrag für eine Erweiterung des Wassernetzes mit Anschluss an den Friedhof. Ein diesbezüglicher Kostenvoranschlag fand bei den Behörden aber keine Zustimmung und die Blumenpflege auf dem Friedhof verlief nach dem Prinzip Hoffnung auf Regen. In der Bevölkerung regte sich Unwillen über diesen Zustand und so erhielt die Friedhofskommission den Auftrag, Gottfried Gfeller anzufragen, zu welchen Bedingungen aus seinem Brunnen Wasser für das Begiessen der Gräber entnommen werden könne. Man einigte sich, dass ihm für die Nutzung des Brunnens jährlich fünf Franken sowie die Kosten für den Unterhalt vergütet wurden.

Die Lösung konnte nur vorübergehend befriedigen und das Projekt Brunschwyler kam wieder zur Sprache. Der Auftrag zur Erschliessung des Friedhofs wurde schlussendlich erteilt und ab Frühling 1904 spendete der erste Friedhofbrunnen das begehrte Nass.

Gottfried Gfeller – ganz offensichtlich ein pfiffiger Rechner – verspürte nun deutlichen Aufwind. Ende Dezember 1901 wandte er sich an den Gemeinderat mit dem Anliegen, ihm sein 30-jähriges Jubiläum als Totengräber mit einer Gratifikation zu versüssen. Genau genommen waren es allerdings erst 27 Jahre seit seiner Ernennung. Die Behörden übersahen in wohlwollender Weise den Schwindel und liessen ihm auf Neujahr den Betrag von zwanzig Franken ausrichten. Man war allseits mit ihm zufrieden und erkannte, dass ohne sein Verhandlungsgeschick den Blumen auf dem Friedhof wohl noch längere Zeit eine Erfrischung gefehlt hätte.

Der Autor

Max Werren ist ehemaliger Inhaber einer Kommunikations-Agentur und einstiger ehrenamtlicher Co-Orts-archivar von Bümpliz. Er ist Verfasser zahlreicher Publikationen, darunter der «Bümplizer Geschichte(n)». Zudem ist Werren Präsident von «Kultur Schloss Bümpliz».

vorherige Geschichte

Liebs Outo!

nächste Geschichte

10- bis 70-jährige, musizierende «Kids» im Sternensaal

Weitere Artikel in der Kategorie Geschichte