«So alt wie hütt bin i no nie gsi»

Der Bärndütsch-Aabe, der vor einem Jahr noch im Quartiertreff Baracke im Kleefeld durchgeführt wurde, ist immer eine spannende Wundertüte. Sämi Kobel sucht sich oft weniger bekannte Mundart-Geschichten oder -Gedichte, von denen sie annimmt, dass sie das Publikum erheitern oder zum Nachdenken anregen.

Das war auch dieses Jahr so. Es begann mit einer längeren Erzählung von Achim Parterre, in der sich der Mundart-Poet freut, dass seine Grossmutter alte berndeutsche Redewendungen weiterpflegt. «Ds Radio abdräie», also abdrehen, auch wenn man heute auf einen Knopf drückt. Oder «ds Liecht lösche», obschon es da nichts mehr zu löschen gibt.

Entzaubertes Edelweiss
Gleich viermal gab es ganz fröhliche Kost von Pedro Lenz, darunter der Schwank aus dem Hundeleben «Won i e Afghan bi gsi». Auch Walter Däpp und sein Bruder Heinz waren viermal im Programm, mit bekannten, gut beobachteten Momentaufnahmen. Kurze Augenblicke jedenfalls, deren Stärke darin liegt, etwas zu beinhalten, was man schon zu kennen glaubt. Ein Beispiel von Walter Däpp: Betrachtungen zum Edelweiss. Er ist beeindruckt von der Wertschätzung dieser wohl bekanntesten und symbolträchtigsten Alpenblume. Das Edelweiss ist in der Schweizer Armee das Rangabzeichen von Generälen. Es ziert das Logo von Schweiz Tourismus und ist auch auf der grössten Münze, auf dem Fünfliber, abgebildet. Aber für den Autor hat die Pflanze ihre Aura verloren, seit sie für 6,90 Franken im Gartencenter erhältlich ist. Buchtipp zu Weihnachten: Walter Däpp, «So alt wie hütt bin i no nie gsi».

Auch Einheimisches?
Klar, dass Sämi Kobel die Werke vom unbequemen Philosophen von Bümpliz, Carl Albert Loosli, hervorholte, der von 1904 bis zu seinem Tod 1959 hier lebte und wirkte. Ihn dürfen wir nicht vergessen. Da war noch das besinnliche Gedicht von Marianne Chopard, «Es herbschtelet haut». Die Autorin aus Hinterkappelen schreibt: «Die Natur, meine Umgebung und Beobachtungen an Menschen, sind mir Inspirationsquellen zur Niederschrift meiner gereimten Gedanken. Es geschieht oft, dass sich bei den Hausarbeiten, auf einem Spaziergang oder beim Einkaufen Wörter, welche mir im Kopf herumpurzeln, plötzlich zu einem Gedicht zusammenfügen lassen.» Zwei Mundartautorinnen lasen eigene Werke. Erst Julia Degelo aus Hinterkappelen. Sie wohnt und arbeitet jetzt in Zürich. Ihre bitterböse apokalyptische Vision eines helvetischen Polizeistaates war eindringlich und schwer verdauliches Berndeutsch. Dann kam die Kultur-Journalistin Stefanie Christ, die aus ihrer ersten grossen Mundart-Publikation las. «Wüeschti Hüng» ist eine Sammlung von Mundartgeschichten, die nicht selten in skurrilen, abgründigen, magischen und stets überraschenden Auflösungen münden. Geissen mit der falschen Farbe, malende Metzger, gestrandete Wale, sprechende Münsterfiguren, fliegende Teppiche, sinnfreies Warten vor Berns beliebtester Gelateria und ein Streit in der Waschküche, der ausartet. Dieses Buch ist mein zweiter Weihnachtstipp für 29 Franken. Fröhliche musikalische Akzente unterbrachen die Lesungen. Olga Albisetti, Flavia Eichenberger und Michèle Rüegg spielten Melodien mit Örgeli und Geige.

Caroline Prato von der reformierten Kirchgemeinde Bümpliz führte geschickt durch den ganzen Anlass und versprach, dass dieser Anlass auch im nächsten Winter stattfinden soll, vielleicht aber erst im Januar. Die BümplizWoche wird dabei sein.

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