Kompromisse mögen in der Politik erfolgreich sein, in der Branche der Familie Jost hingegen sind sie oft fehl am Platz. Hier gilt eher: Der Kompromiss ist ein guter Schirm, aber ein schlechtes Dach. Und wer seit einem Jahrhundert als Meisterbetrieb das Handwerk der Gebäudehüllen und Dächer beherrscht, weiss, wo der Hammer hängt.
Oder trifft den Nagel auf den Kopf. Obwohl Schindeldächer noch immer ins traditionelle Handwerk von Jost Bedachungen gehören, dominieren heute aber längst andere Bereiche den Alltag des fünfköpfigen Teams: Flachdächer, Steildächer, Pultdächer, Satteldächer und gerne auch jederzeit mit Solar ausgestattet. «Die Photovoltaik bieten wir neu mit an», freut sich Christian Jost.
Zweimal Christian
Er ist der jüngste in der Gilde der Jost-Dachdecker-Dynastie und begründet die vierte Generation. Begonnen hat die 100-jährige Geschichte der Firma mit einem anderen Christian Jost: dem Gründervater, der 1923 zusammen mit Bruder Hans den Gang in die Selbstständigkeit wagte – übrigens genau 100 Jahre älter als der jüngere Christian. Nach den Anfangsjahren in Moos bei Köniz wechselte die Firma Jost Bedachungen nach Oberwangen an die Wangentalstrasse 180. Das hat sich bis heute nicht verändert. Peter Jost übernahm als diplomierter Dachdeckermeister den Betrieb und übergab diesen 1999 an Thomas Jost. «Ich denke relativ oft an meine Vorväter. Gerade jetzt, wo ich selbst das Geschäfts vertrauensvoll an meinen Sohn Christian übergebe. Während dieser immer mehr Aufgaben übernimmt, amtet Thomas Jost als Chefexperte bei den Lehrabschlussprüfungen. Eines macht die Geschichte also deutlich: Jost Bedachungen ist längst zu einer Marke für solides Handwerk geworden.
Mehr als ein Dach
Das buchstäbliche Dach über dem Kopf ist für ein Haus von zentraler Bedeutung. Nicht umsonst ranken sich viele Sprichwörter um die Dächer: Wer nicht gut funktioniert, ist nicht ganz dicht, wer gar spinnt, hat einen Dachschaden und wer sein Heim verliert, ist schliesslich obdachlos. Die alten Sprüche unterstreichen einen aktuellen Wert: Menschen brauchen Gebäude, die ihnen Schutz geben vor Kälte, Nässe und Hitze. Letztendlich ein Zuhause. Wieso gipfeln diese Sprüche immer auf dem Dach? «Ist die Heizung kaputt, kann man andersweitig warm bekommen, fliesst kein Wasser kann man ebenfalls überbrücken; ein kaputtes Dach kann man nicht ohne weiteres so belassen. Ihm bekommt wohl eine besondere Bedeutung zu», vermutet Christian Jost. Und genau weil das so wichtig ist, nennt sich der Berufsverband auch «Gebäudehülle Schweiz» denn was Jost Bedachungen machen geht weit über ein paar Ziegel und einen Dachbalken hinaus.
Alle unter einem Dach
Thomas und Christian Jost sind eigentlich lieber vor Ort als im Büro. Handwerker im Herzen mit Feingefühl in der Hand und Erfahrung im Kopf. Dort treffen die beiden oft auf andere Betriebe. Mauerer, Elektriker, Jost’s kennen ihre Partner. «Hier im Westen von Bern kennt man sich und arbeitet zusammen», sagt Christian ganz selbstverständlich. Um diesen Teamgeist hervorzuheben oder gar zu vergleichen mit anderen Regionen, dazu sind die beiden viel zu bescheiden. Viel lieber loben sie ihr eigenes Team. «Wir sind nicht gross, dafür flexibel. Das erleichtert die Planung und fördert das Zusammenarbeiten», klingt der Jüngste der Jost-Dynastie überzeugt.
Fast hat man das Gefühl das 100-Jahr-Jubiläum sei gar nicht so wichtig. Der Fokus liegt bei dieser Firma viel mehr auf dichten Dächern und kompromisslos guter Arbeit. Denn wenn selbst Christian Jost einmal daran denken wird, die Firma in die Hände der fünften Generation zu übergeben, dann werden weiterhin viele dichte Dächer vorhanden sein. Es sind Zeitzeugen, die Generationen überdauern und wie Mahnmale für solides Handwerk dem Wetter trotzen. So möge zu Ehren von einem Jahrhundert Jost-Bedachungen vielleicht zum Schluss nicht ein alter Dach-Spruch stehen, sondern ein anderer, den man passend für all die Jost-Dächer umwandeln darf: Dächlein deck dich – ohne Zauberei, dafür mit viel Erfahrung und Bereitschaft.
Sacha Jacqueroud