Thomas Bornhauser

Wenn man auf Urgesteine aus Bümpliz trifft…

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Auch für diese Ausgabe habe ich mir bis jetzt unbekannte Leute gesucht, gefunden und das Gespräch zu Papier gebracht. Diesmal im Gasthaus zum Sternen zur Apéro-Zeit: Marlise und Hans Aeschbacher-Rieben, seit über 50 Jahren im Kleefeld zu Hause, Hans gar seit seiner Geburt in Bümpliz sesshaft. Wir duzen uns sofort.
Marlise, mit Rieben als Mädchenname: mit Fotograf Edi verwandt?

(lacht) Oh ja, das ist mein Cousin…

Oups, da werde ich aufpassen müssen, dass mein Foto von Euch beiden gelingt. Wo bist du aufgewachsen?

Im «Spituacher». Das ist wichtig, dass du das genauso schreibst, nicht einfach Breitsch. Da gibt es nämlich grosse Unterschiede zwischen dem Vorderen und Hinteren Breitsch. Zur Schule bin ich auch dort gegangen. Gelernt habe ich dann Lederwaren-Spezialistin bei Hummel in Bern. Anschliessend war ich bei der Helvetia-Unfallversicherung als Telefonistin und am Empfang beschäftigt. Edi Rieben war damals Schadeninspektor bei uns. Immer wenn er bei mir vorbeikam, zog er an meiner obersten Pultschublade und fragte; «Cousine, hesch mer öppis?» Gemeint waren Süssigkeiten. Was für ein Schleckmaul.

Und du, Hans?

Seit jetzt 77 Jahren bin ich Bümplizer, bin neben dem Sternensaal aufgewachsen. Zur Schule in die Prim. und Sek. hier in Bümpliz. Gelernt habe ich bei Kümmerly+Frey auf der grafischen Branche, im Offsetbereich, bin auch dort geblieben, bis zum Konkurs 2001. Die Kündigung (Seufzer) erhielt ich ausgerechnet am Geburtstag von Marlise… Später war ich im Aussendienst beschäftigt.

Marlise, wo und wann habt ihr euch beide kennengelernt?

In der Lucky-Bar, im ersten Stock des Sternen-Pintli an der Berner Aarbergergasse. Und bevor Hans sich bei einer nächsten Frage verplappert: Das muss reichen, wann sage ich nicht (schmunzelt).

Dann darf ich aber fragen, wann geheiratet wurde…

Nein, das darfst du auch nicht. Immerhin: Wir haben zwei Töchter. Sylvia und Babusch – kein Mensch sagt zu ihr Barbara. Durch Sylvia haben wir zwei reizende Grosskinder und einen tollen Schwiegersohn, Delly. 

Aber das hier, das darf ich schon fragen: Hans, wie lange wohnt ihr denn schon in Bümpliz?

Eben, ich schon mein Leben lang – im Kleefeld mit ihr zusammen seit 1969. Dass Marlise dann doch ihren geliebten Spituacher verliess, hat mit dem FC Bümpliz zu tun, wie er damals hiess. Ich spielte dort in der Mannschaft Verteidiger, Libero. Mir zuliebe verfolgte Marlise die Spiele, auch später als Goalie, «won ig nüm so ha möge seckle» (beide lachen).

Marlise, was gefällt dir hier in Bümpliz?

Ich wurde schon damals beim FC Bümpliz sehr gut aufgenommen, wir waren eine richtige Fussballfamilie. Da hat sich nichts geändert, wir haben überhaupt sehr feine Kontakte hier. Ich bin noch heute zufrieden mit unserem Leben, geniesse die Zeit, auch mit unserer Familie.

Hans, und was wünschst du dir für die Zukunft, was Bümpliz angeht?

Etwas, das nicht mehr möglich sein wird, leider.

Weshalb?

Früher kannte man sich hier, man grüsste einander. Das hat sich völlig geändert, der Stadtteil ist enorm gewachsen. Logisch, dass man die vielen Leute heute nicht mehr alle kennt. Das ist zwar schade, aber nicht mehr zu ändern. Alles hat seine Zeit.

Marlise, wir sind hier zur Apéro-Zeit. Seid ihr beide immer hier im Sternen?

Viel, weil man hier auch gut isst, abgesehen davon, dass man sich kennt. Wir verkehren aber auch in anderen Gaststätten, zum Beispiel dem «Trucker», wo vor allem USA-Fans auf ihre Rechnung kommen, mit den vielen Fotos von Berühmtheiten an den Wänden. Auch dort isst man gut, das gilt ebenso für das Kleefeld.

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Marlise und Hans Aeschbacher-Rieben aus Bümpliz erzählen aus ihrem Leben. Hans wohnt seit seiner Geburt vor 77 Jahren in Bümpliz, Marlise seit 1969.

Berufsfachmann kümmert sich um die Zukunft

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Eines fällt sofort auf, wenn man die Räume der Schreinerei Um&Bau an der Freiburgstrasse 420 betritt: Da sind Profis am Werk, jeder weiss genau, worauf es bei seiner Arbeit ankommt. Das gilt auch für den Chef und Inhaber Philippe Tschan, dipl. Techniker HF Holztechnik Innenausbau. Vor allem: Für seinen Beruf stellt er in Eigenverantwortung die Fachleute seiner Zunft für die Zukunft sicher, indem er mit acht Mitarbeitenden gleich drei Lernende ausbildet.

Auch mit verbundenen Augen wissen Besuchende sofort, wo sie sich befinden: Der Geruch von Holz kann nur aus einer Schreinerei kommen. In unserem Fall in Bern, wo sich seit Mitte 2022 Philippe Tschan angesiedelt hat, von Lyssach kommend, wo er 2019 sein KMU gegründet hat. Er konnte hier die Lokalitäten der früheren Schreinerei Bertschinger übernehmen.

Acht Leute sind bei Um&Bau beschäftigt: Er selbst, sechs Fachleute EFZ und ein Lernender. Im kommenden Sommer wird Phi- lippe Tschan nochmals zwei Lernende einstellen, bei nur sieben Fachleuten. Sein Credo ist unmissverständlich: «Wir alle klagen über den Mangel an Fachleuten. Aber woher nehmen, wenn wir keine ausbilden?» Dazu passt, dass die Mitarbeitenden in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Welche Maschine gilt es zu kaufen? Müssen wir gewisse Prozesse anpassen? Das entscheidet nicht der Chef allein. «Die Partizipation erhöht automatisch die Motivation, es ist eine Win-Win-Situation für uns alle.»

Logisch, eine Schreinerei verarbeitet Holz. Nur – hier wird Holz nicht bloss verarbeitet, es wird veredelt, damit zum Schluss einzigartige Bijous entstehen können, von der Türe, über Parkett bis hin zur hochwertigen Schreinerküche. Dazu zählt zwingend der Kundenservice, eine Dienstleistung, die bei der sofortigen Antwort von Mails beginnt und bei der Zufriedenheit der Kunden endet.

Einfach erklärt

Mit sechs Fachleuten und einem Lernenden betreibt Philippe Tschan die Schreinerei Um&Bau an der Freiburgstrasse 420 in Bern. Ein besonderes Anliegen ist es ihm, junge Leute auszubilden.

«Ich werde mich nie ergeben!»

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Gewisse Zeitgenossen muss man mit Verachtung strafen, ihnen keine Bühne bieten. Gilt bei mir auch für Donald Trump. Weil aber anzunehmen ist, dass weder Herr Trump noch sein Me-dien-Staff diese Zeitung zu lesen bekommen, mache ich eine Ausnahme. Nicht zuletzt deshalb, weil nicht auszuschliessen ist, dass ich in den 50er-Jahren das gleiche Schulhaus wie Donald Trump besucht habe. Kein Witz, keine Fake News. Es gibt sogar ein Schulfoto, wo «wir» beide zu sehen sind. Die soeben erwähnte Möglichkeit ist deshalb nicht auszuschliessen.

Herr Trump wurde 2016 gewählt, Hillary Clinton hatte das Nachsehen. Während den Vorwahlen, den Primaries, habe ich im Frühjahr 2015 versucht, von meiner ehemaligen Schule auf Long Island Näheres in Erfahrung zu bringen. Dies, nachdem mir die US-Embassy in Bern und das Schweizer Generalkonsulat in New York nicht weiterhelfen konnten – oder wollten. Das galt im Übrigen auch für meine ehemalige Schule, wo eine Angestellte vor acht Jahren nicht einmal wusste, wer Donald Trump ist. «You know, it’s the guy running for President next year.» Sie wollte sich erkundigen, verlangte nach meiner Mailadresse. Ich musste alles buchstabieren. «B as in boy…» und so weiter und so fort. Zum Schluss der Adresse «.ch». Sie hatte keine Ahnung, was .ch zu bedeuten hatte. «Steht für die Schweiz.» – «Aha, und in welchem Bundesstaat liegt Switzerland?» Aus die Maus. 

Einer gegen alle

Ich habe es zum Schluss unter donaldtrump.com versucht, logisch, liebe Lesende, Sie haben natürlich Recht. Es kam keine Antwort. Umso grösser deshalb mein Erstaunen, als ich kürzlich eine Mail aus den USA erhielt. Exakt. Von Donald himself. Er erinnerte sich also an mich – besser gesagt, sein Speicher (nicht der geistige). Und selbstverständlich geht es um Geld, unter dem Titel «I will never surrender!». Sein Spendengesuch beginnt damit, dass er mich als «Patriot» anschreibt. Dann bezichtigt er die Linke der Hexenjagd gegen sich, seine Familie, seine Freunde. Wenn diese Leute glauben, er verwerfe deswegen die Hände und gebe die America-First-Bewegung auf, dann würden sie sich täuschen. «Lassen Sie es mich klar sagen: Ich werde mich nie ergeben!»

Er habe ein schönes Leben aufgegeben, schreibt er, im Bewusstsein, welchen Preis er jetzt bezahlen muss, um nochmals zu kandidieren. Die Bösewichte werden genannt: jene, die offene Grenzen wollen, jene, die global denken, und die Soros Geldmaschine. Die Stiftung von George Soros unterstützt unter anderem Bürgerrechtsbewegungen, NGOs für Menschenrechte. Er, Donald Trump, bereue aber nichts, keine Sekunde.

Rettet Amerika!

Ziemlich schnell geht es dann ans Eingemachte, nämlich ans Portemonnaie seiner Gönner (zu denen ich mich nicht zähle). «Patriot, wir haben ein Land zu retten. Ich gebe nicht auf, jetzt erst recht nicht. Und ich weiss es: Du auch nicht. Deine Spende wird es uns ermöglichen, Amerika zu retten, weil viele unserer Feinde es zu zerstören versuchen.»

Er schreibt davon, dass jede Spende einen Impakt von 1300 % haben wird, was das auch immer heissen mag. Wikipedia klärt über die Bedeutung des Wortes auf: «Ein Impakt bezeichnet die Kollision zweier Himmelskörper mit sehr hoher Geschwindigkeit.» Passt.

Um sich vom Mailing abzumelden, muss man Anhänge öffnen und suchen, suchen, suchen. Ich bin gespannt, ob ich das geschnallt habe.

Einfach erklärt

Thomas Bornhauser besuchte die dieselbe Schule wie Donald Trump. Der Ex-Präsident will wieder Präsident werden und schreibt den Berner an, bezeichnet ihn als Patriot und bittet um eine Geldspende. Er wird damit keinen Erfolg haben.

Wie der Westen Berns vom Kulturprozent profitiert

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Eine Vorbemerkung zu diesem Interview: Den Job, den Hans Traffelet – wohnhaft in Bümpliz, 1999 bis 2022 Leiter Gurtenpark – jetzt innehat (Leiter Wirtschaftsförderung und Kulturprozent der Migros Aare), der war mir selber während fast 30 Jahren bis zu meiner Pension 2013 vergönnt. Es ist auch der Grund, weshalb wir uns duzen. Und ich kann erst noch erfahren, wie mein ehemaliger Laden so läuft.

Hans, zurück zu den Wurzeln?
(Zieht die Augenbraue hoch, überlegt) Wie meinst du das?

Du bist seit dem 1. Januar 2023 unter anderem für das Kulturelle bei der Migros Aare für die Kantone Aargau, Solothurn und Bern zuständig, kommst aber aus einer Familie, in der man künstlerisch tätig war. Stichwort Fritz Traffelet.
(Schmunzelt) Wenn man es so sieht, ja. Mein Urgrossvater – Fritz 1 – war Maler und Gipser, seine Werkstatt befand sich an der Junkerngasse in Bern. Fritz 2, also mein Grossvater, betätigte sich auch als Maler, aber als Kunstmaler, weshalb er die eigentliche Werkstatt seines Vater nicht mehr benötigte und die Liegenschaft veräusserte. Fritz 3 wiederum nahm nicht den Pinsel, sondern das Stethoskop in die Hand, als Hausarzt in Uettligen, wo ich zusammen mit vier Geschwistern aufgewachsen bin.

An der Junkerngasse 22 in Bern erinnert eine Fassade an seine Wirkungsstätte. Schon mal dort gewesen?
Ja, aber nur kurz, als Teo Jakob dort noch einen Einrichtungsladen führte. Es war eine Zeitreise in unserer Familiengeschichte. Eine meiner Schwestern ist Kunsthistorikerin und fand, dass sich die Fassade in einem schlechten Zustand zeigte, verwittert. Zu unser aller Freude hat der heutige Besitzer die Aussenwand tipptopp restaurieren lassen.

In die Gegenwart: Früher wurde das Kulturprozent mit Unterstützungen in den Bereichen Wirtschaftliches, Soziales und Kulturelles definiert. Das Soziale fehlt heute. Nicht mehr aktuell?
Im Gegenteil. Wir haben bei der Migros Aare sogar eine Kommission für soziale Anliegen. Diese Leute betreuen und begleiten plus/minus 50 Projekte in den Kantonen Aarau, Solothurn und Bern mit jeweils grösseren Beträgen während maximal drei Jahren. Das Kulturprozent umfasst Kultur, Gesellschaft, Soziales, Bildung, Freizeit, Sport und Wirtschaft.

Wie viele Gesuche bekommt die Migros Aare pro Woche aus den drei Kantonen?
6000 (lacht), aber nicht pro Woche, sondern pro Jahr… Das ist die Zahl vor Corona, die wir heuer sicher wieder bearbeiten werden. Vorletztes Jahr waren es ungefähr 4500 Gesuche, weil viele Veranstaltungen ja nicht durchgeführt werden konnten.

Wer wird berücksichtigt, wer nicht?
Wir versuchen, vielen gerecht zu werden, vom Glücksfischen in Kitas über die Unterstützung von Schulprojekten bis hin zu grossen kulturellen Veranstaltungen. Das alles im Giesskannen-System. Nicht berücksichtigt werden aus dem Kulturprozent hingegen – unter anderem – Bauprojekte, Privatpersonen, Spitzen- und Elitesport. Wenn auf gewissen Sporttricots eine Migros-Marke zu sehen ist, hängt das mit Sponsoring zusammen, mit einem Marketing-Engagement wie beispielsweise SportXX.

Was ist euch bei den Zusagen wichtig?
Dass wir bei vielen kulturellen oder sozialen Projekten eine echte Starthilfe leisten können. Mit anderen Worten: Wir unterstützen weniger die Arrivierten als die Newcomer mit klaren Vorstellungen. Das ist beim Kulturbüro Bern gut nachzuvollziehen. Wir haben es gegründet und auch geführt. Heute ist diese Institution selbständig und unabhängig, wird aber nach wie vor von Stadt und Kanton Bern unterstützt, wobei die Migros Aare die grösste finanzielle Partnerin ist. Im Kulturbüro gehen Kunstschaffende und angehende Künstlerinnen oder Künstler ein und aus, können von vorteilhaften Preisen für die Benutzung oder das Mieten von Material profitieren.

Nun kann der Leiter nicht alles allein bewältigen. Wer hilft dir zum Beispiel im Bereich Kulturelles?
Das ist noch wie zu deiner Zeit. Lilian Schlatter kümmert sich um die grösseren Projekte, Heidi Möri um die vielen anderen Gesuche, die täglich eintreffen. Wir sind schlank und effizient geblieben. Das hat natürlich damit zu tun, dass beide Kolleginnen hochprofessionell arbeiten und uneingeschränktes Vertrauen geniessen.

Was ich nur bestätigen kann. Zu einem deiner Themenfelder: Was verstehen wir unter Wirtschaftsförderung?
Zum Beispiel die Unterstützungen bei den City-Vereinigungen oder die Volksfeste in den drei Kantonen, von denen wiederum die Bevölkerung profitieren kann.

Damit jetzt viele Lesende neidisch werden – und ich weiss, wovon ich rede, bei deinem Traumjob: Wie viel Geld steht dir alles in allem zur Verfügung?
Muss das sein?
Muss es…
Also: Ein halbes Prozent des Umsatzes – nicht des Gewinns, das ist weltweit einzigartig – der Migros Aare kommt dem Kulturprozent zugute, insgesamt etwa 16 Millionen Franken. Aber Achtung. Ein grosser Teil davon geht an die Klubschulen, damit möglichst viele Interessierte vom günstigen Kursangebot profitieren können.

Welches sind die wichtigsten Engagements?
Von der Anzahl her: viele. Sehr viele. Vom Betrag her: Rendez-vous Bundesplatz, welches wir 2023 wieder unterstützen werden. Eine halbe Million Menschen nehmen dies wahr.

Und aus dem Lesegebiet der BümplizWochen – wer wurde zum Beispiel 2022 berücksichtigt?
Praktisch ausnahmslos alle Gesuchsteller mit kleineren Beträgen. Schulen bei Sportlagern oder Landschulwochen. Aber auch die Bümpliz-Chilbi, Theateraufführungen im Sternen-Saal, die QBB und andere.

Normalerweise werden Chefs erst nach 100 Tagen zum neuen Job befragt, du machst für uns die Ausnahme. Wo gibt es Parallelen zum Job als «Mister Gurten», den du seit 1999 innehattest, und zur heutigen Verantwortung? Und was ist total neu für dich?
Es gibt vielen Parallelen, denn immer hat man es mit Menschen zu tun. Kommunikation ist das A+O, man muss auf die Anliegen eingehen – und dann entscheiden, ob etwas machbar ist oder nicht.

Welche Frage habe ich dir nicht gestellt?
(Überlegt lange) Wie würde Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler – was für ein Pionier und Visionär – das Kulturprozent in die Zukunft führen, das er selber ins Leben gerufen hat? Er war immer ein Radikaler. Wie würde er agieren? Diesen Geist unseres Gründers 1925 sollten wir uns zu Herzen nehmen. Ich werde deshalb mittelfristig mit einigen Leuten sprechen, welchen Weg wir gehen können – über meine Pension hinaus.

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Hans Traffelet aus Bümpliz war 23 Jahre lang Chef auf dem Gurten. Seit 1. Januar 2023 leitet er das Kulturprozent der Migros Aare. Das Kulturprozent unterstützt viele kulturelle Veranstaltungen. Auch in Bümpliz-Bethlehem.

Für Jung…und Alt

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Heute starten wir mit einer neuen Serie in den «BümplizWochen». In unregelmässigen Abständen wird uns Thomas Bornhauser nämlich darüber berichten, wie er eine Arbeit oder eine Situation «Learning by doing» erlebt. In dieser Folge verbrachte er mehrere Stunden in der Brocki der Heilsarmee in Bümpliz.

«Nein, ich arbeite keine Sozialstunden ab», erkläre ich einem Mitarbeitenden der Brocki auf seine Frage gleich zu Beginn. In der Tat: Leute, die eine Busse nicht bezahlen können oder wollen, haben die Möglichkeit, Sozialarbeit zu leisten. Regelmässig werden sie deshalb auch in der Brocki Bümpliz beschäftigt, bei Filialleiter Fredi Burkhardt.

Forellenquintett raus

Für jemanden wie mich im Pensionsalter ist eine Brockenstube gleichbedeutend wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Das merke ich bereits bei der ersten Aufgabe: Hier gilt es, die meist sehr alten Langspielplatten zu durchforsten. Stecken in den Hüllen tatsächlich jene Scheiben, die mit dem Cover übereinstimmen? Oder finden wir bei Pavarotti plötzlich Heintje versteckt? Vor allem geht es darum, jene Platten auszusortieren, die meiner subjektiven Meinung nach nur noch Staubfänger sind – eine ganze Menge, fast die Hälfte aller gerillten Scheiben. Und so fliegt Schuberts Forellenquintett ebenso raus wie das Honky Tonk Piano. Bo Katzman und die Les Humphries Singers hingegen erhalten eine noch unbestimmte Nachspielzeit. Eine ältere Dame bemerkt mich bei der Arbeit. «Herr Bornhauser, arbeiten Sie jetzt hier? Ich dachte, Sie seien bei der Migros…» Ich erkläre mich.

Nach zwei Stunden stehen zwei Kisten zum Abtransport bereit. Ob sie auch ihre letzte Reise tatsächlich antreten werden?

Tennisspieler unter sich

Die nächste Herausforderung: einigermassen (…) Ordnung in der Sportabteilung zu schaffen. Nichts lieber als das, schliesslich habe ich 1966 für drei Jahre meine kaufmännische Ausbildung in einem Berner Sportgeschäft absolviert. Dieser Umstand wird mir gleich von Nutzen sein. Zuerst gilt es jedoch, die verschiedenen Sportarten voneinander zu trennen: Velos und Zubehör für sich, ebenso Rollerblades und Arm- respektive Knieschoner. Gleiches gilt für Walkingstöcke sowie Taucherbrillen, Flossen und Schnorchel. Und ein paar Reitstiefel.

Auch eine grössere Kiste mit unverpackten Tennisbällen ist vorhanden, jetzt unmittelbar neben Badminton-, Squash- und Tennisrackets. Ein Kunde, gegen 40 Jahre alt, will eine Beratung. Ich traue mir das zu. Welche Bälle ich ihm empfehlen könne? Ich rate ihm, sie zu drücken, mit einem gewissen Druck auf den Boden fallen zu lassen, um zu sehen, wie hoch sie aufspringen, und sich die Filzoberflächen anzuschauen. Abschliessend prüft er den einen oder anderen Schläger. Ich erkläre, woran man sieht, ob der Griff für die Hand passend ist und wie stark ein Racket bespannt sein sollte, je nach Spielstärke. Ich drücke mit den beiden Daumen bei einem Head die Saiten, will dann wissen, wie gut er spielt. «Das hier sind 23, 24 Kilo, das eignet sich bestimmt für Sie.» Er gibt sich beeindruckt (wäre ich auch, in einer Brocki so beraten zu werden). «Wissen Sie, ich habe noch nie gegen Roger Federer verloren…», bekommt er zum Abschied erklärt. Ich muss den Spruch jedoch wiederholen und erklären, weil das Zwänzgi bei ihm offenbar nur rappenweise fällt. Keine Ahnung, weshalb er den Schläger und die Bälle dennoch nicht gekauft hat.

Zum Schluss Picasso & Co.

In Bümpliz gibt es viele Bilder zu kaufen – gerahmt und ungerahmt. Weil in dieser Sparte kein Greenhorn, anerbiete ich mich, die Werke zu begutachten, ähnlich den Schallplatten. Aus verschiedenen Gründen verzichte ich dieses Mal aber darauf, Cäsar zu spielen, Daumen hoch, Daumen runter.

Item. Nach fast fünf Stunden schmerzt der Rücken. Bürolisten sind halt körperliche Arbeit nicht gewohnt. Das wird sich bei der nächsten Reportage ändern, da werde ich nämlich den Unterricht in einer 9. Klasse im Schulhaus Schwabgut verfolgen.

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Thomas Bornhauser hat einige Stunden in der Heilsarmee-Brocki Bümpliz gearbeitet. Er hat Ordnung in der Platten- und Sportabteilung geschaffen.

«Jeder muss selber wissen, was man über ihn denkt»

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Mit dem heutigen Interview führt die «BümplizWochen» die Serie «Zufällig getroffen» fort. Mit jeder Ausgabe stellen wir jemanden aus unserem Lesegebiet vor, ohne dass unsere Gesprächspartner vorher davon wissen. Und auch die Fragen variieren wir, je nach Aktualität. Wir sitzen deshalb mit einem weissen Blatt Papier vor unserem heutigen Gesprächspartner Karl-Heinz Schmaus, der im YB-Meister-Hoodie an der Bar des Café Tram-Egge sitzt und seit 2000 in Bethlehem wohnt.

Karl-Heinz Schmaus, es ist jetzt 15 Uhr. Nichts zu tun?
(Gibt sich überrascht…) Also, erstens nennen mich die Kollegen Schmausi, zweitens kenne ich Sie nicht, und drittens, ja, ich habe fertig, um einen Spruch eines ehemaligen Bayern-Trainers zu zitieren, von Giovanni Trapattoni. Ich hatte Frühschicht ab 5 Uhr. Deshalb.

Auf den Fussball kommen wir noch. Woher der Dialekt?
Aus Augsburg in Bayern.

Aha, deshalb der Spruch von Trap.
Genau, ich bin seit jeher Anhänger der Bayern.

Und der Transfer von Yann Sommer nach München?
Eine gute Sache, finde ich. Eine sehr gute.

Die Reaktion von Manuel Neuer war dann vermutlich weniger gut…
Ich denke, das ist seine Sache. Jeder – vor allem jeder Vollprofi – muss wissen, wie er in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden will.

Ihr Hoodie zeigt aber, dass Sie auch ein Herz für YB haben.
Genau. Und das hängt auch mit meinem Beruf zusammen.

Womit wir zurück auf Startfeld 1 gehen. Weshalb haben Sie um
15 Uhr bereits Feierabend?

Ich arbeite in der Grossmetzgerei Mérat an der Murtenstrasse in Bern, gleich neben Aligro.

Eine Gastro-Metzgerei.
Exakt. Wir liefern unser Fleisch in den Gastro-Kanal, aber nicht bloss an Grossabnehmer oder Restaurants, sondern auch an Spitäler oder Alterswohnheime wie Domicil, von denen gibt es ja einige in unserem Lesegebiet.

Fleisch kommt in letzter Zeit in Verruf, Rinder und Kälber sollen Klimakiller sein. Spüren Sie ein verändertes Konsumverhalten?
Tiere und Klimakiller: so ein Quatsch. Vermutlich noch vor den Flugzeugen und Autos, nicht wahr? Um aber Ihre Fragen zu beantworten: Der einzige Unterschied liegt darin, dass wir im Moment «volles Rohr» an der Arbeit sind. Während der Pandemie waren ja viele Gaststätten geschlossen, nach und nach erholt sich die Fleischbranche in Richtung Niveau 2019. Gut so. Und das sage ich ohne schlechtes Gewissen.

Und was hat es jetzt mit dem schwarzen YB-Hoodie auf sich?
Mérat stellt die YB-Wurst her, jede Woche von Neuem. Auch deshalb die Sympathie zu den Gelbschwarzen. Es ist dies aber nicht die einige Spezialität, die Bern kennt: Auch der Bärenzipfel für den SCB kommt aus dem Hause Mérat. Auf die Preisgestaltung in den beiden Stadien haben wir übrigens keinen Einfluss. Wir liefern einfach. So wie die Sportler das auf dem Feld auch tun. Na ja, meistens (schmunzelt)…

Deshalb der Ausdruck «Das sy Würscht», wenn es nicht gerade so läuft?
(Lacht) Ehrlich gesagt, darüber habe ich noch nie nachgedacht…

Als Bayer: CSU-Anhänger?
CSU was?

Christlich-Soziale Union.
Ach so… Nein, ich interessiere mich nicht gross für Politik, ich kann ja eh nichts daran ändern, wobei…

Wobei?
Im Gegensatz zu uns Deutschen können Schweizer mit der direkten Demokratie direkt mitreden und auch direkt in Entscheide eingreifen. Bei uns ist das ziemlich anders… Da wird über die Volksmeinung hinweg entschieden, wenn der Bundestag einmal gewählt ist. Erstaunt, dass man(n) da apolitisch wird?

Nein, keine weiteren Fragen, Euer Ehren.

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Karl-Heinz Schmaus aus Bayern wohnt seit 2000 in Bethlehem. Er ist Anhänger von Bayern München – aber auch von YB. Er arbeitet in einer Grossmetzgerei in Bern.

«Ig schnurre nie dry» – ein Bijou mit Geschichte

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Richtung Hinterkappelen fährt, der fällt die grosse Liegenschaft auf der rechten Seite auf, mit Blumen Bijou angeschrieben. Richtig: Dort bieten Priska Känel und Gisela Burren ihre Blumenarrangements und Accessoires an. Das Haus hat aber weit mehr zu erzählen, als nur von Rosen oder feiner Schoggi.

«D’Blueme hei mir vom Stucki», hört man in der Gegend immer wieder, obwohl Alice und Fritz Stucki seit 20 Jahren nicht mehr geschäften, was aber beweist, dass die ehemalige Gärtnerei und der Blumenladen in der Gemeinde eine Institution sind. Und just dieses Ehepaar Stucki sowie die beiden heutigen «Bluemefroue» und Schwestern Priska Känel und Gisela Burren sitzen am Tisch, als Fritz Stucki über die Geschichte der Liegenschaft zu erzählen beginnt.

«Der grosse Stucki»

Der erste Stucki, Emmanuel, der 1878 im Haus wohnte, war Lehrer in der Gemeinde Wohlen. Ob in Uettligen oder in Hinterkappelen, da sind sich die Historiker uneinig. Egal. Sicher ist hingegen, dass er auf dem Areal Landwirtschaft betrieb, um die Familie über die Runden zu bringen. Der Grossvater von Fritz Stucki wiederum – der später den Betrieb übernahm – ging mit dem Hund in Bern z’Märit, später mit dem Ross. Im Angebot: Gemüse und Setzlinge.

In der Familie gab es auch den grossen Stucki, Walter, den der Journalist Konrad Stamm in einem Buch vorstellte, als «achten Bundesrat». Dabei war es weniger seine beeindruckende Körpergrösse von 1,87 Metern, die ihm diese Bezeichnung eintrug, sondern die Art, wie er als Schweizer Unterhändler nicht bloss während des Zweiten Weltkriegs den Vertretern der Grossmächte entgegentrat. Er war Generalsekretär, Direktor, Minister, Gesandter, Delegierter und Nationalrat und ging im Bundesratszimmer ein und aus, als wäre es sein eigenes Büro. Die Kandidatur für den Bundesrat lehnte er dreimal ab. Im Krieg rettete er die Stadt Vichy vor der Zerstörung.

Zurückhaltung als noble Geste

In der Kürze liegt bekanntlich die Würze, deshalb die weitere Geschichte nur in Stichworten. Alice und Friz Stucki übernehmen Blumenladen und Gärtnerei 1985. Aus gesundheitlichen Gründen leiten nach 2003 zwei ehemalige Lernende die Firma Blumen Stucki. Seit 2014 liegen die Geschicke in den – wortwörtlich – Händen der beiden erwähnten Schwestern, die in Aarberg aufgewachsen sind und vor einem Jahr (was für ein Zufall…) dort eine Filiale eröffnet haben. Zurück aber nach Hinterkappelen. Gisela Burren, eine gelernte Floristin, spannt seither mit Priska Känel zusammen. Die beiden ergänzen sich bestens: Gisela beweist täglich ihr Flair, mit Blumen umzugehen, Priska hingegen – eine gelernte Detailhandels-Kauffrau – liegt die Administration näher. Muss ja auch sein. Den beiden Schwestern stehen zwei Floristinnen zur Seite, Sarah Baumann und Sabrina Coduri.

Während des ganzen Gesprächs entpuppen sich Alice und Fritz Stucki nur als aufmerksame Zeitgenossen, wenn die beiden jungen Frauen vom heutigen Business sprechen, von ihren Ideen, von ihrer Vorstellung, zwei Blumengeschäfte erfolgreich zu führen. Auf sein stummes Zuhören angesprochen, gepaart mit der Frage, ob er als Fachmann nicht Lust hätte, ab und zu mitzureden, sagt Fritz Stucki abschliessend, «Ig schnurre nie dry», ihr Erfolg gebe den beiden Schwestern schliesslich recht. Das sei schon okay, wenn sie andere Ideen realisieren.

Auch vom Ausland abhängig

Und wie steht es mit Blumen, die aus dem Ausland kommen, ist doch ab und an ein Sattelschlepper mit holländischem Kennzeichen vor dem Laden in Hinterkappelen zu sehen? Priska Känel packt den symbolischen Stier bei den Hörnern: «Abgesehen davon, dass diese Transporte logistisch optimiert werden, ist es ein Fakt, dass wir auf Blumenimporte angewiesen sind. Nicht nur wir. Auch die meisten anderen Blumengeschäfte, die ihren Kundinnen und Kunden schöne, frische Ware präsentieren wollen.»
Wenn immer möglich schaut auch Blumen Bijou innerhalb der eigenen Landesgrenzen nach Ware, zumal je länger je mehr Leute Schweizer Blumen bevorzugen. Diese sind jedoch vor allem vom Herbst bis in den Frühling nicht wirklich verfügbar, ausgenommen aus Treibhäusern, die jedoch auf Stromquellen angewiesen sind.

Alles in allem: zwei Powerfrauen, die wissen, was sie (nicht) wollen. Vor allem freuen sie sich auf die bevorstehenden Ostertage, einer Zeit in der die Blumengeschäfte sich so richtig profilieren können.

Einfach erklärt

Wenn es um Blumen geht, so kennt man den Namen Stucki in Berns Westen. In Hinterkappelen befindet sich der Laden «Blumen Bijou». Ein Gespräch zwischen zwei Generationen im Laden.

Direkt vor dem Polizeiposten Bümpliz liegt ein Toter

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Es war ein eher ungewöhnlicher Anblick, den Edgar Corpataux gegen zwei Uhr morgens auf seinem Heimweg zu Fuss in der Nacht auf Samstag beim Polizeiposten Bümpliz zu sehen bekam. Da kniete nämlich einer in einer Ecke. Komische Stellung für eine Nachtruhe.

Weil er ihn nichts anging, marschierte Corpataux in Richtung Fussgängerzone, als die Gestalt umfiel. Hilfsbereit, wie der 62-Jährige war, lief er zum jetzt am Boden liegenden Mann zurück. Unschön jedoch, was er zu sehen bekam. Im Bauch steckte ein Bajonett. Jacke und Tatwaffe waren blutverschmiert. Weil der Mann noch leise Lebenszeichen von sich gab, avisierte Corpataux sofort den Notruf der Polizei. Nur wenige Minuten später stand bereits eine Ambulanz der Sanitätspolizei vor Ort. Dem Mann konnte allerdings nicht mehr geholfen werden.

Weil ganz offensichtlich eine Tat mit Fremdwirkung, wurde das «ganze Rösslispiel» der Kantonspolizei Bern aufgeboten. Dezernat Leib und Leben, Kriminaltechnischer Dienst KTD, Institut für Rechtsmedizin IRM, Staatsanwaltschaft und Medienstelle. Diese Fachleute trafen in den nächsten 15 Minuten ein, eine nach dem anderen. Zwei Streifenpolizisten, von der Einsatzzentrale sofort zum Fundort beordert, trafen praktisch zeitgleich mit der Ambulanz ein. Sie hatten die unmittelbare Umgebung rund um die Leiche – inzwischen hinter einem Sichtschutz liegend – mit rotweissen Bändern abgesperrt, obwohl zu dieser Zeit fast keine Neugierigen mehr unterwegs waren. Einzig ein freier Mitarbeiter der BümplizWochen gesellte sich zu den Ermittlern, weil nach einem Herrenaband mit Kollegen ebenfalls noch – ohne Auto – unterwegs und in unmittelbarer Nähe wohnend.

Dezernatsleiter Konrad Schneider musste Esther Hasler im IRM gar nicht erst die Mutter aller Fragen stellen, der Todeszeitpunkt war bekannt. «Aufgrund des hohen Blutverlusts», ergänzte die Rechtsmedizinerin, «gehe ich beim Zeitpunkt der Tat von 15 Minuten vor dem Exitus aus. Der Überfall muss also gegen 1.45 Uhr stattgefunden haben.»

«Koni, hast du erste Erkenntnisse?», erging die Frage an den Kriminaltechniker, neben der Leiche kniend. «Ein Raubüberfall scheint unwahrscheinlich. Handy, Brieftasche, Ausweise und Geld sind noch da. Der Mann heisst Tobias Mangold, wohnhaft am Buchdruckerweg, ganz in der Nähe.» Aufgrund von vorgefundenen Fotos konnte – oder musste – man davon ausgehen, dass Mangold zumindest in einer Partnerschaft lebte. Aufnahmen zeigten ihn mit einer Frau und zwei Teenagern, möglicherweise ein Familienschnappschuss.

«So wie er da liegt, seine beiden Hände am Bajonett. Koni, hat er noch versucht, die Klinge rauszuziehen?» – «Gut möglich, ja, weil wir ja davon ausgehen können, dass er sie sich nicht selber in die Bauchhöhle gestossen hat.» In diesem Moment meldete sich der Schreiberling der BümplizWochen aus der Distanz, artig hinter dem Absperrband stehend. Ob er vielleicht weiterhelfen könne, rief er den Ermittlern zu, worauf Viktor «Fige» Kneubühl auf den ungefähr 30-Jährigen zuging, die Brieftasche des Toten in der Hand.

«Brauchen Sie mich noch?», wollte Corpataux mit erhöhter und hörbar gereizter Stimme in diesem Moment wissen, worauf Kneubühl ihn entgeistert ansah und sich vielmals dafür entschuldigte, dass niemand ihn zu den Umständen seiner Beobachtung und seinem Handeln befragt hatte. Ach, wie peinlich. «Kommen Sie bitte zu mir, ich möchte Ihnen und dem Herrn der BümplizWochen ein Foto zeigen. Vielleicht erkennen Sie jemanden.» «Das ist Tobias Mangold», kam es sozusagen lippensynchron von den beiden Befragten. Corpataux wusste noch einiges mehr über den Toten zu berichten.

Mangold war ein angesehener Banker, und daran, ein schönes Einfamilienhaus zu bauen. Hinter vorgehaltener Hand wurde hingegen getuschelt, dass er sich finanziell übernommen und Schulden hatte. War also das Tötungsdelikt in diesem Umfeld zu suchen? Ein wütender Gläubiger? «Wohl kaum», ging Kneubühl durch den Kopf, «das wäre unlogisch, den eigenen Schuldner zu ermorden.» Seine Gedanken wurden von Konrad Schneider unterbrochen, dem die Stellung der Hände des Toten mehr und mehr zu denken gab. Was, wenn er sich die tödliche Verletzung eben doch selber zugefügt hatte? Unlogisch, aber möglich.

Der nächste Tag brachte Klarheit. Esther Hasler wartete als Erste mit einer Überraschung auf. Für sie war nach der Autopsie klar, dass Mangold sich die Verletzung selber zugefügt hatte, zumal er vorher seinen Bauch unempfindlich gespritzt hatte. Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen litt der Mann an Pankreaskrebs im Endstadium, zum anderen hatte er seit vielen Jahren schon eine Lebensversicherung über eine halbe Million Franken abgeschlossen, um seine Familie finanziell abzusichern. Diesen Betrag würde die Versicherung ausbezahlen müssen.

Unklar blieb einzig der Umstand, weshalb er sich als Sterbeort den Polizeiposten Bümpliz ausgesucht hatte.

Von Heinzelmännchen und dem Tscharniblues

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Das Gesetz des Waldes» ist ein grossartiges Buch, das die berührende Lebensgeschichte von Chlöisu Friedli (1949 – 1981) erzählt, 1993 erstmals veröffentlicht. Urs Hostettler hat es mit seinem Fata Morgana Verlag kürzlich in zweiter Auflage publiziert. Auch 42 Jahre nach seinem Ableben sind die Gedanken des ehemaligen Musikers – der eine enge Beziehung zu Berns Westen hatte – es wert, dass man während des Lesens innehält und dessen Gedanken für einige Augenblicke auf unsere heutige Welt fokussiert.

Es wäre anmassend, die vielen philosophischen und melancholischen Gedanken von Chlöisu Friedli als Kulturkritiker analysieren oder hinterfragen zu wollen. Die Äusserungen stehen für sich selbst, benötigen keine Interpretationen von Dritten.

Vom fantastievollen Leben…

Das Buch beginnt mit dem Erlebnis zweier Schulfreunde, beide achtjährig, Walter und Markus, die ab und zu in einem der beiden Estriche ihrer Eltern spielen, weil sie dort ihre Fantasien ausleben können. Eines Tages entdecken sie einen kleinen Buben mit grüner Hautfarbe. Er stellt sich als Aldi vor. Er wohne im Wald, deshalb seine Hautfarbe als Tarnung. Aldi ist aus einer Blume herausgewachsen, wurde von einer Waldfee grossgezogen. Mit der Stadt kann das Kerlchen nichts anfangen: «Die Leute in der Stadt leben nicht mehr richtig. Sie rennen von einen zum andern. Sie beginnen alles Mögliche und machen nichts fertig. Sie haben keine Zeit für einander und lassen sich ständig ablenken. Die Tiere und die Wesen im Wald im Wald leben nach dem Gesetz des Waldes.» Fabelwesen wie Aldi werden Chlöisu Friedli sein ganzes Leben lang begleiten, so auch an der Adria, wohin Chlöisu als 18-Jähriger per Autostopp reist. Dieses Mal sind es Meerheinzelmännchen, die Ertrinkende aus dem Wasser retten. Später sibirische Heinzelmännchen: Unter Führung von Nitscho retten sie Iwan Born, der vor fünf Jahren wegen antisowjetischer Propaganda zu lebenslänglicher Haft in einem sibirischen Arbeitslager verurteilt wurde.

…in die Realität

Geboren wird Chlöisu am Pfingstmontag 1949 in Bern. In den 50er-Jahren wohnt Familie Friedli in einem aneinandergebauten, zweistöckigen Holzhäuschen im Bethlehemacker. Bereits als Achtjähriger nimmt er bei Frau Gertsch Klavierunterricht. Seine Begabung und das spätere autodidaktische Üben am Instrument führen dazu, dass er 1968 zusammen mit Pesche, Ueli, Tommy, Mario und Jonny die legendäre Longstreet-Jazzband gründet, die auch einmal zusammen mit Albert Nicolas und Champion Jack Dupree als «Special guests» auftritt. Die Band gibt es noch heute.

Chlöisu Friedli schliesst eine KV-Lehre im Konsum ab, jobbt danach in den verschiedensten Berufen, zum Beispiel als Betonbrenner, anschliessend im Service im Gambrinus, auch in einem Lager für Schreibmaschinen ist er beschäftigt. Er heiratet, wohnt mit Frau und Tochter später in Zimlisberg bei Rapperswil/BE. Bekannt wurde er als Musiker auch durch zwei seiner Kompositionen, dem «Sünneliblues» und dem «Tscharniblues». Nicht zu vergessen ist Chlöisus poetische Ader als stiller Beobachter des absurden Alltags, dem Erzähler von kurzen Geschichten, die zum Beispiel im «Tscharniblues» münden. Die Heinzelmännchen-Stories wiederum machen einen Grossteil des Buches aus. Mit 25 leidet Chlöisu erstmals an Depressionen, wird deshalb auch mehrfach in eine Psychiatrische Klinik eingeliefert, letztmals 1981, wo er am 3. Juli in der Kurve hinter der Waldau unter den Zug geht, mit seinem Habersack und seinem Büchlein samt der Heinzelmännchengeschichten.

Einfach erklärt

Chlöisu Friedli wuchs im Bethlehemacher auf. Er sah Heinzelmännchen und andere Fabelwesen. Er machte Musik und schrieb Texte. Nun erscheint sein Buch neu.

Von FEZ über NEXUS und WUM zu WESTSIDE

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Ja, es gibt sie, die genialen Wortkonstruktionen, Toblerone zum Beispiel, diese Berner Schoggi mit Nougatsplittern, Typ Torrone. Die dreieckige Form wiederum hat jedoch mit dem auf dem Wickel abgebildeten Matterhorn nichts zu tun, sondern mit einer Episode 1908 von Erfinder Theodor Tobler in der Folies Bergère. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, die nicht hierher gehört, denn vielleicht lesen ja Minderjährige mit…

Zur heutigen Frage (samt Antwort, so sy mer…): Wie kommt Westside eigentlich zu seinem Namen? Nun, am Anfang stand das Wort, um Biblisches zu zitieren. In unserem Fall, bei der Migros Aare, FEZ, abgekürzt für das kommende Freizeit- und Einkaufszentrum, das heute bekanntlich Neudeutsch Shopping- und Freizeitcenter mit englischen und deutschen Elementen heisst.

Paris im Fokus

Drehen Sie Ihre Kalenderblätter um öppe 20 Jahre zurück. Daniel Libeskind hat soeben den Architekturwettbewerb mit seinem Arbeitstitel NEXUS gewonnen – übrigens gegen eine hochkarätige Konkurrenz.

Jetzt galt es, einem passenden Namen zu finden. Und selbstverständlich geisterten bereits unzählige Vorschläge durch die Etagen in Schönbühl, wo ich damals beschäftigt war. Ich will Sie damit gar nicht langweilen, nicht zuletzt, weil Sie ja unter Umständen einen der Namen besser als Westside finden… Aber eben, wie sagte es seinerzeit Michail Gorbatschew zum DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker? «Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte.» Zurück in die Realität: Was macht man(n) in einem solchen Fall? Genau. Man bildet eine Arbeitsgruppe, in diesem Fall eine Namensfindungsgruppe (der ich anzugehören die Ehre hatte).

Moder oder Tor?

Da hocken also Vertreterinnen und Vertreter zweier Kommunikationsagenturen, eine Architektin aus dem Büro Libeskind und weitere Fachleute passend im Freizeitlook beisammen und brüten das Ei des Kolumbus aus. Falsch: Als Tohuwabohu oder fröhliches Jekami (womöglich ein feuchtfröhliches, wie es vielerorts auf Redaktionen beim Zustandekommen von Horoskopen praktiziert wird) kann man unser Brainwork – tönt gut, gell? – nicht bezeichnen. Im Gegenteil, wir gehen strukturiert vor, in einer ersten Phase nach, was das immer heissen mag, chinesischen Grundsätzen, obwohl das FEZ nie und nimmer Klingklangklong heissen wird. Unser Moderator, in Unkenntnis des Umstandes, ob der Ausdruck von «Moder» oder von «Tor» abstammt, zeigt das Ziel auf, nicht aber den Weg. Am Abend haben wir eine Menge von ganz valablen Namen beisammen, alle mit Bezug auf Einkaufen und Vergnügen. Diese gilt es jetzt, auf eine Art Sixpack zu schrumpfen.

Hans Häusler als Prophet

Ein Name tanzt dabei aus der Reihe, eine reine Fantasiebezeichnung, aber nicht Supercalifragilisticexpialidocious: WUM. Als ich nach Hause komme, erzähle ich den Kindern von WUM, danach ist die Welt bei Bo’s nicht mehr wie vorher, denn alles ist plötzlich «wum», das Essen, die Kleider, das TV-Programm, einfach alles. Egal. Unser erwähntes Sixpack geht in die Vernehmlassung, in die Marktforschung. Herausgekommen ist… na, Sie wissen schon, Westside. Nettes Detail am Rande: Der ehemalige und einzigartige Pressesprecher der Stadt Bern, Hans Häusler aus Wohlen, hatte diesen Namen schon früher vorgeschlagen. Ohne Arbeitsgruppe. Merke: Wieso einfach, wenn es kompliziert auch geht?

Einfach erklärt

Das Westside ist ein grosses Einkaufszentrum in Brünnen. Den Namen Westside bekam es, nachdem eine Gruppe den Namen zusammen ausgesucht hat.

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